Grün, grau, braun – nein, blau ist sie nicht, die Donau, aber im Sonnenschein changiert sie in den wärmsten Erdtönen. Während andere von mehr Meer träumen, finde ich das kleine Sommerglück im Strombad Kritzendorf vor den Toren Wiens. Die Donau führt hier Regie. Erst vor kurzem bäumte sie sich in voller Kraft auf – und verließ für einen Augenblick ihr Bett. Mit kleineren und auch großen Hochwassern lernt man hier zu leben. Die Donau ist, was sie ist – eine Naturgewalt. Und wahre Flussmenschen verneigen sich vor ihr.
Als meine Schwester und ich klein waren, da machte uns unser Vater zu Flussmenschen. Wir spielten am Strand, eingehüllt in diesen ganz eigenen Duft der sonnenwarmen Steine. Wir wussten, wo die Donau sanft und wo sie wild war, wo man sich treiben lassen durfte und wo die Stromschnellen gefährliche Strudel entfachen konnten. Unser Vater teilte mit uns die Geschichten dieses Stroms, der zu seiner Lebensader geworden war, er erzählte von fernen Ländern, die die Donau auf ihrer langen Reise durchfließt, und von den eigenen Erinnerungen.
Auch der Wiener Liedermacher Ernst Molden wurde durch meinen Vater zum Flussmenschen. Er hat die Liebe zur Donau in Musik verwandelt, seine Lieder begleiten nun die Erinnerungen, die an mir vorbeitreiben. Und diese wunderbare CD „schdrom“hat er Ernst Trost gewidmet, dessen Lebensweg genau heute vor einem Jahr am Strom endete.
(Quelle: Franziska Trost, KronenZeitung 24.7.2016)